Fast 300 Jahre neuer Lebensraum

Fleißen, 1898, Westteil mit Evangelischer Kirche, Ansicht vom Galgenberg
Fleißen, 1898, Westteil mit Evangelischer Kirche, Ansicht vom Galgenberg

1653 begründete der aus Eichigt im Vogtland zugewanderte Hans Stüber mit Margaretha Krail aus einer alteingesessenen Familie in Fleißen eine neue Stübiger-Dynastie.

Im Lauf der Jahrhunderte teilte sich die Familie in elf Linien auf, die jeweils sehr auf Eigenständigkeit bedacht waren und mit ganz wenigen Ausnahmen nicht untereinander heirateten.

Im 19. Jahrhundert gab es zwar einige Abwanderungen, das Gros der Stübiger aber blieb bis zur Vertreibung der deutschstämmigen Bevölkerung im Jahr 1946 am Ort.

Damit ging eine fast dreihundertjährige Familiengeschichte in Fleißen zu Ende.

 

Nachweis der Zuwanderung

Hans Stüber heiratet 1653 Margaretha, die Tocher des bereits verstorbenen Michel Krail.

Die Familie gehörte zu den schon 1545 genannten alteingesessenen Familien Fleißens.

Die Schreibung wechselte zwischen Kreul, Greul und Krail, Kreyl; mundartliche Nennung "Kral".

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stammsitz der Stübiger

Auf diesem Ortsplan ist die Lage des Stübiger-Stammsitzes "Moritzenhof" (Haus-Nummern 9 und 86) hellblau markiert.

Im Jahr 1933 gehörte der Hof den Inhabern der Lederfabrik Johann Adam Geipel Sohn. Die Gebäude waren noch als Bauernhof erhalten.

Nach der Vertreibung der deutschstämmigen Bevölkerung 1946 wurden viele leer stehende Anwesen abgerissen. Darunter auch der Moritzenhof.

Auf dem Lageplan sind die abgerissenen Gebäude rot gekennzeichnet.

(Planskizze Horst Stübiger)

 

Kurzexkurs in die Fleißner Geschichte

Fleißen und seine nähere Umgebung dürften schon in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt gewesen sein; auch wenn es dort bis 1946 offenbar keine Bodenfunde gegeben hatte. Für die Besiedelung sprechen folgende Fakten: Funde in einem weiteren Umkreis; die einladende hügelige Landschaft in einer Höhenlage zwischen 500 und 600 m mit nützlichen Gewässern - und das Erfahrungswissen der Archäologen, dass schon zur Bronzezeit um 2 000 v. Chr. eine Siedlungsdichte wie im 19. Jahrhundert n. Chr. erreicht war.

Erwiesen ist, dass im Egerland die Kelten und ab dem 2. vorchristlichen Jahrhundert die germanischen Markomannen und Narisker zu Hause waren. Nach der Völkerwanderung ließen sich im 5. Jahrhundert vereinzelt Slawen in dem nur noch dünn besiedelten Land nieder. Es gehörte zum Herrschaftsbereich der Thüringer, der von der Werra bis zur Donau reichte. 531 schlugen die vom mittleren Rheingebiet nach Osten Land nehmenden Frankenkönige Theuderich und Chlotar das Heer des Thüringerkönigs Hermenefried und besetzten das südliche thüringische Reich. Von Regensburg aus kolonisierten die fränkisch/merowingisch-bairischen Agilolfinger den Raum nach Norden und schufen den bairischen "Nordgau", der unter den Karolingern, Ottonen und den Saliern schließlich bis 1100 über das Fichtelgebirge hinaus ins nordwestliche Egerland ausgedehnt worden war.

Die erste urkundliche Erwähnung Fleißens stammt aus dem Jahr 1185. Im Schutzbrief des Papstes Lucius III an das Kloster Waldsassen wird unter den Ansiedlungen des Schönbacher Ländchens auch ein "Vlizen" genannt. Der Ort dürfte also unter der Federführung des Klosters entstanden sein, indem ein so genannter Lokator wahrscheinlich Bauern aus dem Raum Waldsassen als Siedler ins Land führte. Herkunft und Bedeutung des Namens Vlizen (1224 "Vleizen", schließlich Fleißen) sind unklar. Der sprichwörtliche "Bienenfleiß" drückt sich keinesfalls im Namen aus! Das Fleißner Ortswappen von 1900 sagt zwar etwas anderes aus - kann sich dabei aber nur auf künstlerische Freiheit berufen.

1199 erscheint ein "Erchenbrecht" (= Erkenbrecht) als Vogt des Klosters Waldsassen, der seinen Amtssitz in Fleißen hatte.

Weil der Abt Franz das Kloster in arge Geldnot gebracht hatte, mussten 1348 Schönbach mit den weiteren Dörfern und auch Fleißen verkauft werden. Käufer war "der edle Herr Rüdiger von Sparnek".

1356 wurde Fleißen böhmisches Kronlehen; gehörte also zum unmittelbaren Besitz des jeweiligen Herrschers, der es dann wiederum an adlige Lehensnehmer ausgab. Das waren nach den Sparnek die Rab, Ramsberg, Donyn, Frankengrüner, Schlick, Hieserle, Gummerauer, Wirsberg und Trautenberg; 1674 neben den Trautenberg auf Wildstein die Hertenberg auf Altenteich. Zusätzlich gab es Streubesitz einzelner Anwesen und Grundstücke derer von Nothaft, von und zu Weißenstein, Schirnding in Brambach und Mulz auf Wallhof.

Nach Vinzenz Pröckl ("Eger und das Egerland", Falkenau 1877) soll es in Fleißen um 1400 eine Kirche gegeben haben, die Sankt Georg geweiht war und dem Bistum Regensburg unterstellt. Kirche und Siedlung seien aber von den Hussiten zerstört und die Kirche dann nicht wieder aufgebaut worden. Urkundliche Belege dazu gibt es allerdings nicht.

In Fleißen waren über die Jahrhunderte die Herrschaftsverhältnisse kompliziert. Teile des Dorfs mussten ihre Abgaben in Naturalien und Geld sowie Fronarbeit der Herrschaft Wildstein-Oberschloss und Wildstein-Unterschloss leisten, andere der Herrschaft Altenteich. Daneben gehörten Fleißner Ländereien auch zu Kursachsen.

Die Herrschaft berief so genannte Richter, die in den jeweiligen herrschaftlichen Ortsteilen ähnliche Funktionen wie unsere heutigen Bürgermeister und Ordnungshüter hatten. Sie besaßen auch in dörflichen Rechtsfällen gewisse Zuständigkeiten, übten aber die Gerichtsbarkeit nicht selbst aus. Das stand nur der Herrschaft zu. Neben diesen Richtern gab es auch Gerichtsgeschworene.

1545 verkauft Graf Wenzel Schlick sein Dorf Fleißen an Wolf von Wirsberg, dem das Gut Wildstein gehörte.

Im Kaufbrief sind 17 Zinsbauern genannt: Brandner, Dietl, Fischer, drei mal Geipel, Glaßl, vier mal Heinrich, Hoyer, Kellner, zwei mal Klarner, Kreul und Pentzel. Damit ist auch das Gros der alteingesessenen Familien des Orts bestimmt. Aus dem Kaufbrief ergibt sich zudem, dass das Dorf nach Brambach eingepfarrt war. Obwohl Böhmen schon 1526 zu Österreich gekommen war, soll das Gebiet nördlich des Fleißenbachs mit dem ältesten Ortsteil Oberdorf sogar bis etwa 1750 zum sächsischen Territorium gehört haben! Bemerkenswert dabei die Tatsache, dass den Trautenberg die Rekatholisierung Fleißens nicht gelang und der Ort eine kursächsisch-protestantische Exklave ins katholische Egerland hinein blieb.

Der Dreißigjährige Krieg zwischen den Jahren 1618 bis 1648 mit all seinen Schrecken brachte harte Einschnitte: ein großer Teil der Bevölkerung hatte den Ort verlassen, Häuser waren eingeschäschert, andere verfallen. Im Jahr 1632 gab es 17 Tote. Viele starben an der Pest.