Nachruf auf einen treuen Freund und Wegbegleiter:

Jack-Russell-Terrier "Filou", * 25.06.2002 +18.09.2016

Filou im Jahr 2015 mit seinem typischen "Hypnose-Blick":

In dieser Situation will er damit sagen: "Ich sitz' doch schon vor der Türe. Wenn Du noch länger brauchst, schau' ich Dich so lange an, bis Du endlich in die Gänge kommst und mit mir rausgehst!"

 

Am Mittagstisch konnte der Hund mit dem starren Blickzauber so manche schmackhafte Happen für sich ergattern.

Wenn trotz allem mal doch nichts für ihn abfallen wollte, fiepte er erst in aufsteigender Laustärke. Hatte auch das keinen Erfolg, dann blieb halt doch nichts anderes übrig, als laut zu werden: Er bellte uns was, sehr energisch, kurz und knackig, in den höchsten Tönen! 

 

 

Am Sonntag dem 18. September 2016 etwa um 11 Uhr 45 erlöste ein mitfühlender Tierarzt in Nürnberg unseren Hund Filou von all seinen Leiden. Das akute, lebensbedrohliche Ereignis war wahrscheinlich ein gerissenes Blutgefäß in Filous Lunge. Er blutete ununterbrochen aus der Nase. Nach einer Lebenszeit von mehr als 14 Jahren und wegen der Behinderungen, an denen er ohnehin bereits litt, hatten wir der Einschläferung zugestimmt. Er sollte nicht noch mit einer fragwürdigen Untersuchung gequält werden angesichts der Bedrohung des Verblutens oder Erstickens am Blut in der Lunge...

 

Filou war ein geborener Oberpfälzer aus Neustadt an der Waldnaab, Zuchtname "Arco von der Flossbach", mit schwarz-weiß-braunem Glatthaar-Fell. Einerseits ein typischer eigensinniger Terrier - andererseits von Anfang an selbst ein ganz eigener Charakter - auch im Körperbau: kein kleiner Jack-Russell mit kurzen Beinen und Ringelschwanz und auch kein großer Parson-Jack-Russell mit hohen Beinen und gradem Schwanz, sondern  ein Zwischengeschöpf. Als er ausgewachsen war, erwies sich sein Kopf als etwas zu klein im Verhältnis zum übrigen Körper.  

Aus dem zahmen, anhänglichen Welpen wurde ein wilder und ungestümer Junghund. Er kratzt überall an den Möbeln und kaut die Möbelecken ab. Erst als seine Lieblingsstellen mit Tabasko eingestrichen waren, hört er auf.

Filou war auch ein wahrer Springteufel, der gern hoch hüpfte. Diese Fähigkeit soll den Jack-Russell-Terriern in England angezüchtet worden sein, damit sie bei der Jagd zu Pferd jederzeit hinter dem Reiter aufspringen konnten.

 

Filou wurde von unserer Tochter Carolin und ihrem damaligen Freund Marco Castiglione erworben. Carolin hatte vorher bei uns in Nürnberg gelebt. Als sie mich fragte, was ich von einem Hund hielte, sagte ich, dass man nach meiner Meinung in der Stadt einen Hund nicht wirklich artgerecht halten könne. Also waren wir sehr erleichtert, dass Carolin und Marco aufs Land gezogen waren, als sie den Welpen kauften. Ich hatte gerade eine Achillessehnen-OP hinter mir und noch den linken Fuß bis zum Knie in Gips. Da kamen die beiden und stellten uns das putzige kleine Hündchen vor. Ich fand, dass er so etwas von einem kleinen Schwerennöter habe und er vielleicht mal ein Filou werden könnte. Alle anderen fanden dann, dass das ein schöner Name für ihn sei. Filou wuchs in Dennenlohe bei Neumarkt auf. Er war dort leider häufig längere Zeit alleine in einem nach Heizöl und Moder stinkenden Haus. Dazwischen kam er schon mal stundenweise zu uns. Weil ich mich noch schlecht bewegen konnte, saß er meistens bei mir auf dem Schoß. Später haben wir Filou in Dennenlohe besucht und sind dort mit ihm Gassi gegangen. Sobald er von der Leine gelassen wurde, machte er sich gerne davon und sauste irgendwo herum. Als er dort einmal über einen Waldweg lief, kam er einer Radfahrerin in die Quere, die prompt stürzte. Gott sei Dank ging alles glimpflich ab. In der ersten Zeit hörte Filou kaum auf seinen  Namen, kam nicht, wenn er gerufen wurde. Er lief lieber anderen Hunden hinterher und sprang an den Besitzern kleinerer Hunde hoch, die ihren Liebling durch Hochheben vor dem vermeintlich gefährlichen Kampfhund retten wollten...

 

Carolin besuchte mit Filou die Hundeschule in Nürnberg am Marienberg. Aber auch mit noch so vielen Wurststückchen lernte Filou nur, auf die elementarsten Kommandos zu hören. Anfangs reagierte er auf "Komm" und "Hier" überhaupt nicht, später ging es besser; allerdings genehmigte sich Filou häufig eine längere Reaktionszeit. Wenn er gerade irgendwo schnüffelte, konnte es schon mal dauern...

Außerdem vergingen einige Jahre, bis er nicht mehr sofort Wildtieren wie Hasen oder Rehen nachjagte, um dann schließlich doch erfolglos wieder zurück zu kommen.  

Carolin wurde durch die schlechte Atemluft im Haus sehr krank. Es folgte ein Umzug nach Nürnberg-Johannis. Filou war dort in der Wohnung länger alleine und zerkratzte die Sitzbank um den Kachelofen, weil er versucht, einfallende Lichtreflexe ("Lichtmäuse") zu fangen. In Johannis gab es für ihn kaum geeignete Stellen für seine Ausscheidungen. Da passierte es dann, dass er sein Häufchen ausgerechnet auf den wiesenartigen Kunststoffbelag vor dem Eingang einer Bäckereifiale absetzte...

 

Neben dem Spiel mit Bällen und dem Zerren an Stoffkordeln blieb das Verfolgen von Lichtmäusen bis ins hohe Alter eine seiner liebsten Beschäftigungen.

Die Jagd auf richtige Mäuse betrieb er bis ins mittlere Alter. Danach interessierte er sich mehr für Bisamratten in Bächen und an den Ufern. Bienen und Wespen waren weitere beliebte Spielobjekte. Er schleckte mit der Zunge über die Tierchen und speichelte sie ein, kaute dann kopfschüttelnd darauf herum und schluckte sie hinunter. Nur hatte er dabei mehrmals Pech und wurde in die Lefzen gestochen.   

Katzen wurden seine Urfeinde, weil er als Welpe mal einen Pranken-Krallenschlag auf die Nase unter einem parkenden Auto hervor abbekommen hatte. Wenn im Frühjahr und Herbst nachts Igel im Garten umherliefen gebärdete er sich wie wild und biss sogar in die zusammengerollten Stachelkugeln, so das sich einmal ein abgebrochener Stachel durch seine Zunge gebohrt hatte. Wenn er vom Igel getrennt werden sollte, machte ihn das so aggressiv, dass er sogar nach uns schnappte. Also brachten wir immer erst den Igel vor Filou in Sicherheit.    

 

In seinen ersten Lebensjahren war Filou ein schlimmer Allesfresser und Schweinehund. So schlang er beim Gassi gehen in Nürnberg einen herumliegenden benutzten Tampon in sich hinein - erhielt dafür aber prompt die Quittung des Tierarztes: ein Mittel zum Erbrechen, damit er den sonst zu einem lebensgefährlichen Darmverschluss führenden Quellkörper wieder los wurde. Beliebt war auch das Aufspüren und Wälzen in Menschenkot. Ihn dann wieder zu säubern, wurde jedes mal zur Ekel erregenden Prozedur. Eines Tages hatte er sich auf den Regnitzwiesen bei Fürth in einem Kothaufen gewälzt, kurz bevor wir mit dem Auto zu einem Werkstatt-Termin kommen sollten. Weil kein Wasser zur Verfügung stand, konnte er nur provisorisch mit Blättern, Gras und Papiertüchern gereinigt werden. Er und das Auto stanken zum Himmel!

Frisch ausgebuddelte Feldmäuse schluckt er lange Zeit als schnelle Happen zwischendurch - wenn man ihn "mal machen lässt" und im entscheidenden Moment nicht aufpasst. Ebenfalls sehr beliebt bei Filou, weil noch leichter verzehrbar: die auf Wiesen und Feldern oft massenweise herumliegenden Dünger-Mistbatzen...

Natürlich ist er auch bei typischem Menschenessen kein Kostverächter. Es kommt fast nichts auf den Tisch, was er nicht mit essen würde. Nudeln, Kartoffeln, Wurst, Eier, Fleisch, Käse, Joghurt, Kuchen, Kekse, Äpfel und Bananen. Im Sommer frisst er draußen Maiskolben und im Herbst am Boden liegende ganze Äpfel.

 

Filou wird kastriert, weil er wegen läufiger Hündinnen stundenlang nachts heult. Die Kastration hindert ihn aber nicht daran, sein Leben lang weiter Hündinnen nachzustellen und sie zu bespringen.

Bei einer der ersten Jahresuntersuchungen beim Tierarzt stellt sich heraus, dass eine Herzklappe nicht richtig schließt. Von da an muss Filou regelmäßig Medikamente nehmen und im Sommer bei Bedarf ein Entwässerungsmittel bekommen. In Leberwurst eingepackt, schluckt er alles ganz brav.

 

Seltsamerweise sahen größere Hunde, und vor allem Weibchen, Filou als ideales Opfer. Ohne dass er selbst aggressiv geworden wäre, fielen sie aus heiterem Himmel immer wieder über ihn her. Kurz hintereinander bissen ihn in Nürnberg gleich zwei Hunde gleichzeitig. Und in Henfenfeld hatte es eine Hündin mehrfach auf ihn abgesehen. In seinen letzten Lebensjahren verbissen sich dreimal Hunde so in ihn, dass sie nur mit massiver Gewalt von ihm getrennt werden konnten.

Filous herzzerreißendes Jaulen tat dabei genauso weh wie der Schmerz, der den andern Hunden zugefügt werden musste. Zweimal waren seine Verletzungen so massiv, dass er sofort vom Tierarzt versorgt werden musste... Aber Filou war zäh und hart im Nehmen - ein typischer Terrier eben. Auch ein Sehnenriss am Hinterbein bei hohem Schnee im Winter behindert ihn nicht allzu lange.

 

Man konnte nicht sagen, dass Filou wasserscheu gewesen wäre: Er ging gern in Tümpel und Bäche - vermied es aber zu schwimmen. Deshalb bekam er eine Schwimmstunde am Rothsee, wo wir ihn so lange im tieferen Wasser stehend mit Leckerli lockten, bis er sich entschloss, endlich doch mal im Hundstrab zu uns zu kommen. 

 

Er begleitet uns überall hin auf diversen Ausflügen in die Umgebung Nürnbergs und in die Fränkische Schweiz. Dabei bekam er den Beinamen "Bergziege": Filou bewegte sich gern hart am Abgrund auf hohen Felsen, stemmte sich als Schnellkletterer die steilsten Hänge und Treppen hinauf und erklomm spontan in Hoppelsprüngen jeden Baumstamm-Stapel. Im April 2016 war er sogar noch drei Wochen mit uns zur Kur in Calw-Hirsau im Schwarzwald in bergiger Landschaft.

 

Fürs tägliche Bewegungstraining gingen wir mit ihm in Nürnberg-Luitpoldhain auf die Hundewiese, auf die so genannte Russenwiese im Reichswald, zum Schmausenbuck beim Tiergarten und in die Wälder zwischen Buchenbühl und  Kalchreuth.

Filou ist mitfühlend und hilfsbereit. Er rennt zurück und springt auf den Schoß, als er sieht, dass wir Schwierigkeiten beim Abstieg auf allen Vieren vom hohen, steilen  Kugelfangwall auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz in Tennenlohe haben.

 

Nach unserem Umzug nach Henfenfeld 2006 begleitet mich Filou auf vielen Erkundungstouren rund um den Ort und ist später auch auf archäologischen Gelände- und Feldbegehungen immer dabei. Als ich da eines Tages auf einem durchweichten Hangacker mit meinen Gummistiefeln versumpfe, einen Stiefel verliere und mich nur mit Mühe wieder befreien kann, interessiert ihn das allerdings überhaupt nicht. Da ist er selbst gerade sehr mit der Erkundung von Erdhaufen, Grasbüscheln und Mäuselöchern beschäftigt... 

Beim Spazierengehen zeigte er durch aufgeregtes, schrilles Bellen, dass er das Kong- oder Stöckchen-Jagdspiel spielen wollte. Oft schleppte er selbst große Äste an, gab dann den Ast aber nicht wieder her, sondern wollte verfolgt werden - damit die Beute in Höchstgeschwindigkeit davon getragen werden konnte. Wenn er so in fliegendem Galopp über die Waldwege wetzte, hörte sich das fast wie Pferdegetrappel an. Weil Filou sich auch auf die geworfenen und wieder vom Boden aufspringenden Stöckchen stürzte, stieß er sich mal eins ins Auge, das darauf stark blutete. Also wieder mal schnell zum Tierarzt mit ihm... 

 

Die liebste Umgebung unseres Hunds war der Wald. Man spürte, wie sehr es ihn freute, immer wieder neue Wege zu gehen und dort alles zu erkunden. Auf bestimmten Pfaden blieb er gelegentlich stehen und schaute lange starr in eine Richtung, obwohl wir dort nichts sehen konnten . Dieses Verhalten war anders als beim Er-wittern von Wild im Wald. So kam die Überlegung auf, ob er nicht die Fähigkeit haben könnte, auch Geistwesen aus vergangenen Zeiten zu sehen. Zum Beispiel die Kelten, die schon die gleichen Wege gegangen waren...

 

Im höheren Alter musste Filou mit immer mehr Behinderungen und Belastungen leben. An einer Hüfte hatte sich eine große Fettgeschwulst gebildet, die aufs Gelenk drückte und Schmerzen verursachte. Aus einem Auge lief häufig eine schwärzliche Flüssigkeit. Vor allem am Kopf wuchsen große Warzen, die zum Teil ausgebrannt werden mussten, dann aber immer mal wieder aufrissen und bluteten, wenn er nach einem Rundgang im Regen nass geworden war und mit dem Handtuch trocken gerubbelt wurde

Trotz allem scheute er vor keinem Wetter, keiner Treppe und keinem Berg zurück. Allerdings merkte man auch, wenn er nicht mehr konnte und lieber getragen werden wollte.

 

In den letzten Jahren und vor allem im Sommer blieb er oft stehen und stieß ein knackendes Röcheln aus, das wahrscheinlich von Wassereinlagerungen in der Lunge herrührte und seinen Herzfehler als Ursache hatte. Dann bekam er ein Entwässerungsmittel.

Bei all diesen Gesundheitsproblemen konnte er durch gute Pflege, Zuwendung, viel Streicheln und dreimal täglich "an die Luft gehen" über 14 Jahre alt werden. Schließlich war er auch ein vollwertiges Familienmitglied und überall dabei: am Esstisch, auf dem Sofa, im Bett und auf diversen anderen Liegeplätzen in der Wohnung.

 

Filou verstand alles, was man ihm sagte, konnte meist auch ausdrücken, was er wollte oder nicht wollte - und auf die Anforderung "Sag mal was" bellte er.

Seine Zuneigung uns gegenüber drückte er durch einen Zungenschleck ins Gesicht aus. Wir vermieden allerdings den Mundkontakt durch eine Kopfdrehung, so dass er uns dann nur das Ohr abschleckte.

Auch mit unserem 2015 geborenen Enkel kam er nach einer gewissen Gewöhnungszeit gut zurecht. Die beiden tolerierten sich, konnten aber nicht viel miteinander anfangen.

 

Für mich war Filou wie ein guter Freund: ein lebendiges, vertrautes Wesen, das aus dem Alleinsein keine Einsamkeit werden ließ; immer bereit für gemeinsame Unternehmungen. Aus seinen Bedürfnissen entstanden nicht nur die Verpflichtung für das Tierwohl, sondern auch weitere gute Gründe für mein regelmäßiges Gehtraining und die archäologische Feldforschung.

Er zeigte mir sein völliges Vertrauen zum Beispiel dadurch, dass er sich auf dem Rücken liegend die Treppe hinunter tragen ließ. Und bis zuletzt liebte er es, auf der Terrasse im warmen Morgen-Sonnenschein auf meinem Schoß zu sitzen und sich streicheln zu lassen. Eine Wohltat für ihn - und für mich!

 

Lebe wohl, Filou - im Hundehimmel - in einer anderen Welt! Da treffen wir uns wieder.